Warum der bittere Geschmack von Polyphenolen gut für die Gesundheit ist
Eine aktuelle Studie, veröffentlicht im Journal Food Bioscience, hat den Zusammenhang zwischen Bitterrezeptoren und den gesundheitlichen Vorteilen von Polyphenolen, wie etwa einer verbesserten Blutzuckerregulation, genauer untersucht.
Polyphenole, natürliche Verbindungen, die in vielen pflanzlichen Lebensmitteln wie Früchten, Gemüse, Nüssen, Tee und Kaffee vorkommen, sind für ihre gesundheitlichen Vorteile bekannt. Sie tragen zur Farbe, zum Geschmack und zum Aroma dieser Lebensmittel bei und wirken als starke Antioxidantien, die schädliche freie Radikale neutralisieren. Diese Radikale können Zellschäden verursachen und zu chronischen Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und neurodegenerativen Erkrankungen beitragen.
Es gibt über 8.000 verschiedene Arten von Polyphenolen, darunter Flavonoide, Phenolsäuren, Stilbene und Lignane. Diese Verbindungen haben nicht nur antioxidative, sondern auch entzündungshemmende, antimikrobielle und antikarzinogene Eigenschaften. Diverse Studien haben gezeigt, dass sie die Herzgesundheit, das Immunsystem und die Verdauung unterstützen können und das Risiko chronischer Krankheiten reduzieren können.
Bitterer Geschmack als gesundheitlicher Vorteil
Ein interessanter Aspekt von Polyphenolen ist ihr oftmals bitterer Geschmack, der von vielen als unangenehm empfunden wird, aber gesundheitliche Vorteile mit sich bringt. Denn neuere Studien konnten zeigen, dass Polyphenole mit bitteren Geschmackssensoren, den sogenannten Typ-2-Geschmacksrezeptoren (T2R) interagieren. Diese finden sich interessanterweise nicht nur auf der Zunge, sondern auch im Magen-Darm-Trakt und anderen Organen. Und besonders die Bitterrezeptoren im Magen-Darm Trakt sind kürzlich in das Interesse der Forschung gerückt, da dessen Aktivierung die Sekretion von Hormonen wie GLP-1 (Glucagon-like peptide 1) und CCK (Cholecystokinin) auslöst, die den Appetit regulieren und den Blutzuckerspiegel kontrollieren. GLP-1 hat vor allem durch die Abnehmspritzen von Eli Lilly (Mounjaro) und Novo Nordisk (Ozempic und Wegovy) Bekanntheit erlangt, da es den Blutzuckerspiegel regulieren kann und zudem als Neurotransmitter direkte Effekte auf Gehirnzentren, die den Appetit steuern, hat. Forscher des Shibaura Institute of Technology in Japan haben nun herausgefunden, dass die Aktivierung von T2R im Magen-Darm-Trakt durch Polyphenole die Sekretion dieser Hormone auslöst, was positive Folgen auf den Blutzucker und das Körpergewicht haben könnte.
Molekularer Mechanismus
Nachdem wir Polyphenole über den Mund aufgenommen haben, gelangen diese in unseren Magen-Darmtrakt. Bereits im Mund aktivieren diese Substanzen unsere Bitterrezeptoren auf der Zunge, was viele als unangenehm empfinden. Von dort aus gelangen sie in den Magen und anschließend in den Dünndarm. Bitterrezeptoren in unserem Magen-Darm-Trakt werden durch diese Bitterstoffe aktiviert, was die Sekretion von GLP-1 stimuliert. Dieses Hormon hat verschiedene Wirkungen im Körper. Zum einen löst GLP-1 die Ausschüttung des Hormons Insulin aus, das hilft, den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Zusammen mit anderen Verdauungshormonen beeinflusst es auch die Darmmotilität, indem es die Bewegung der Nahrung während der Verdauung verlangsamt, sodass wir uns satter fühlen und weniger essen. Die appetitzügelnden Effekte vermittelt GLP-1 im Gehirn, vor allem im Hypothalamus, wo die zentrale Regulation des Körpergewichts stattfindet.
Polyphenole und Diabetesrisiko
Durch ihre Forschung wollten die Autoren der Studie die Verbindung zwischen Polyphenolen, Bitterrezeptoren im Magen-Darm-Trakt und den potenziellen gesundheitlichen Vorteilen besser verstehen. Frühere Studien haben gezeigt, dass Polyphenole das Risiko für Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit sowie andere Gesundheitsprobleme wie hohen Cholesterinspiegel, Bluthochdruck, Osteoporose, Alzheimer und bestimmte Krebsarten senken können. Die neuen Erkenntnisse bestätigen einmal mehr die Bedeutung einer polyphenolreichen Ernährung und die positiven Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Die Bitterkeit dieser Verbindungen, die oft als unangenehm empfunden wird, entpuppt sich somit als wichtiger Mechanismus, der zur Verbesserung unserer Blutzuckerregulation und zur Verringerung des Risikos für chronische Krankheiten beiträgt.
Erhöhung der Polyphenolaufnahme
Um die Aufnahme von Polyphenolen in der Ernährung zu erhöhen, empfiehlt es sich, mehr pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Äpfel, Bohnen, schwarzen Tee, Blaubeeren, Kirschen, Kakaopulver, dunkle Schokolade (ab einem Kakaoanteil von 70%), Holunderbeeren, Kräuter, Nüsse und Samen zu konsumieren. Studien haben gezeigt, dass der Konsum von etwa 650 mg Polyphenolen pro Tag gesundheitliche Vorteile bringen kann. Eine halbe Tasse Blaubeeren kann beispielsweise 535 mg Polyphenole enthalten. Wenn wir täglich versuchen drei bis vier verschiedene Portionen pflanzlicher Lebensmittel zu uns zu nehmen, sind wir auf einem guten Weg.
Fazit
Die aktuelle Forschungsarbeit zeigt eindrucksvoll, dass die Bitterkeit von Polyphenolen nicht nur ein negatives Geschmacksmerkmal ist, sondern eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Blutzucker und Appetit spielt. Die Integration polyphenolreicher Lebensmittel in die Ernährung könnte einen wichtigen Beitrag zur Prävention und Behandlung von Krankheiten wie Typ-2-Diabetes und Fettleibigkeit leisten. Indem wir unsere Ernährung mit diesen wertvollen Pflanzenstoffen bereichern, können wir unsere Gesundheit auf natürliche Weise verbessern.
Originalpublikation
Osakabe N, Shimizu T, Fujii Y, Fushimi T, Calabrese V. Sensory Nutrition and Bitterness and Astringency of Polyphenols. Biomolecules. 2024 Feb 17;14(2):234. doi: 10.3390/biom14020234. PMID: 38397471; PMCID: PMC10887135.
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